„Karneval geht bei uns nur ohne Alkohol“

Die Kölner Gruppe „De Höhner“ hat unzählige Karnevalshits zu Hymnen gemacht und wird kein bisschen müde auf der Tour durch die Festsäle der Republik. Henning Krautmacher ist Sänger und Mittelpunkt der Band. Ein Gespräch zwischen zwei Auftritten.

Welt am Sonntag: Ihre jüngste CD haben Sie „Himmelhoch High“ genannt – ist das der Zustand, in dem sich die „Höhner“ dank des Erfolges dauerhaft befinden?

Henning Krautmacher: Wir sind zumindest glücklich mit dem Zustand, dass es uns noch gut geht, dass wir offensichtlich gerne gehört werden. Unsere Tourneen im Frühjahr und Herbst laufen gut an. Man mag uns sogar noch im Karneval sehen. Das erzeugt schon ein Hochgefühl. Der Song erzählt allerdings eine andere Geschichte, von einem Mann, der ständig auf der Suche nach sich selbst war. Dennoch beschreibt er natürlich ein Gefühl – und das mögen die Fans anscheinend sehr.

Köln spielt in Ihren Liedern immer wieder eine große Rolle. In „Schenk mir Dein Herz“ besingen Sie den jüngsten Kölner Brauch, bei dem verliebte Paare ein Schloss mit eingravierten Namen an der Hohenzollernbrücke anbringen und den Schlüssel in den Rhein werfen.

Krautmacher: Genau genommen stammt dieser Brauch aus Italien. Aber in Köln ist er ziemlich beeindruckend angelaufen. Aus 200 Schlössern wurden binnen Jahres- frist 20 000. Und, ja, ich muss zugeben: Wir singen sehr viel und gerne über Köln und müssen uns deshalb auch den Vorwurf gefallen lassen, dass wir kölschtümeln (lacht). Wir thematisieren immer wieder den Dom, den 1. FC Köln, den Rhein. Ich weiß, es mag auch manchen Leuten zum Hals raushängen. Aber, wo der Kopf von voll ist, läuft der Mund von über. Und es gibt auch Menschen, die uns attestieren, dass wir ein echter Kölner Export- schlager sind.

Das „Schlüssel-Lied“ braucht nur ein paar Takte, dann singen alle mit. Sie haben das Patent für den alljährlichen Karnevalshit, wie es scheint.

Krautmacher: Nein, kein Mensch kann von sich behaupten, dass er das Geheimrezept hat, wie man einen Hit macht. Dazu gehört ein bisschen Sein, ein bisschen Schein und ganz viel Schwein. Die aktuelle Geschichte mit den Liebesschlössern ist so eine Sache. Wir hatten zur richtigen Zeit die richtige Idee, das war Glück. Und offenbar haben wir die richtige Melodie mit den richtigen Worten verknüpft. Ob der Song nun der Sessionshit wird, weiß ich nicht. Abgerechnet wird am Aschermittwoch. Aber ich will mal so sagen: Es sieht nicht schlecht aus.

Wenn die Höhner auftreten, tobt der Saal. Gehen Ihnen die Lieder nicht manchmal selbst auf den Wecker?

Krautmacher: Ja, ganz ehrlich, das tun sie. Das hat einfach damit zu tun, dass, wenn man einen Ohrwurm abliefert, ihn auch alle spielen. Wenn wir in eine Gaststätte kommen, und der Wirt legt unsere Hit-Single auf, weil er uns einen Gefallen tun will, sagen wir auch schon mal: „Wegen uns musst Du das jetzt nicht spielen. Wir kennen den Song.“

Die Session ist in vollem Gange. Sie absolvieren jeden Tag im Schnitt fünf Auftritte. Wie halten Sie das durch?

Krautmacher: Wenn man seinem Beruf nachgeht, muss man auch die Anstrengungen in Kauf nehmen. Aber man kann sich natürlich darauf vorbereiten. Bei uns gibt es ein striktes Alkoholverbot. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, das jeder von uns ernst nimmt. Und im Karneval gelten die berühmten „B“s: Bühne, Bett, Bühne, Bett. Wir gönnen uns und unseren Stimmbändern acht Stunden Schlaf.

So ist das mit den „Männern in den besten Jahren“ ... um noch mal auf einen Ihrer Songs anzuspielen.

Krautmacher: Ja, sicher, so erhalten wir uns die Vision, noch viele Jahre mitmischen zu können. Der Song darf aber durchaus mit dem nötigen Augenzwinkern verstanden werden. Wenngleich einige jüngere Semester sicherlich vor unserer Kondition den Hut ziehen könnten. Wir treiben allesamt viel Sport. Ich laufe auch in der Karnevalszeit so meine 40, 50 Kilometer die Woche.

Karneval ist Partytime – da wird ungeniert geknutscht und gefummelt. „Und morgen früh ist nichts mehr wahr“, singen sie auf Ihrem jüngsten Album – das sollte Kardinal Meisner am besten nicht hören . . .

Krautmacher: Der Kardinal wird über andere Songs der Höhner noch eher die Stirn runzeln. „Der liebe Gott weiß, dass ich kein Engel bin“ wird im auch nicht gefallen. Aber da geben wir nicht so viel drauf, da sehen wir uns durchaus weltlich. Bei dem angesprochenen Song „Hier brennt die Luft“ wollten wir das allgemeine Partytreiben von Ü30 bis U100 unter die Lupe nehmen. Aber es stimmt schon, inhaltlich gilt das für die Karnevalspartys sicher auch.

An Karneval gibt’s den Freifahrtschein, der alles erlaubt – und Sie sind der Wegbereiter?

Krautmacher: Nein, dagegen würde ich mich wehren. Wir beobachten und machen daraus Lieder. Das manche Leute es an Karneval sehr, sehr locker nehmen, ist sicherlich auch ein Geschwür der Zeit. Da kommen Menschen von außerhalb, und denken sie können sich hier austoben. Das muss natürlich jeder für sich entscheiden. Ich finde aber, wenn man sich bindet, dann sollte man auch dazu stehen. Es ist schlicht und ergreifend einfach – Verzeihung – Scheiße, jemanden zu betrügen.

Wie lange kann das mit den Höhnern noch weitergehen? Haben Sie irgendeine Vorstellung, wo Sie 2020 stehen möchten?

Krautmacher: Wir hinterfragen uns eigentlich ständig. Solange uns die Ideen nicht ausgehen, machen wir weiter. Und wir können nur hoffen, dass es uns nahe stehende Menschen gibt, die uns sagen, wann es Zeit wird, aufzuhören. Es gibt nichts Peinlicheres, als auf die Bühne zu gehen und die Leute verlassen dann den Saal. Ich möchte nicht zur Pinkelnummer werden.

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