Hilfe bei „November Blues“

Sebastian Zumdick
Sebastian Zumdick ist Psychologe an der Fliedner Klinik in Düsseldorf. Seine Devise: „Null Spielraum hat man nie.“ In Einzel- und Gruppentherapien wird herausgearbeitet, woran es dem Patienten mangelt. RP-FOTO: PAUL ESSER

Die Uhren sind umgestellt, die Tage werden spürbar kürzer, die Sonne zeigt sich nur selten – und viele Berufstätige schaffen es gar nicht mehr, noch bei Tageslicht nach Hause zu kommen. Und plötzlich kippt auch die Stimmung. So trübe wie häufig das Novemberwetter ist auf einmal auch das Gemüt. „November Blues“ heißt das ein bisschen lapidar im modernen Sprach- gebrauch. Saisonal bedingte Depression, nennt es die Wissenschaft. Und die zeigt ähnliche Symptome wie die Depression. Sebastian Zumdick ist Psychologe an der Fliedner Klinik in Düsseldorf. Die Ambulanz und Tagesklinik für psychologische Betreuung ist auf Patienten spezialisiert, die ihren Alltag nicht mehr bewältigen können. Die Behandlungen reichen von Einzelpsychotherapien bis hin zu Gestaltungstherapien. Die Nachfrage nach solchen Behandlungsformen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, sagt der Psychologe.

Die Faustformel: „Sich auch mal schamlos selber loben“

Und in den dunklen Monaten kommen Faktoren, die depressive Stimmungen begünstigen, häufig zusammen. Eine entscheidende Komponente ist, „dass das Licht fehlt“, so Zumdick. Und das hat konkrete Auswirkungen auf das Wohlgefühl des Menschen. „Durch Sonnenlicht auf der Netzhaut wird der Körper angeregt, Hormone wie Serontonin und Melantonin zu bilden.“ Fehlt Licht, fehlen auch häufig diese wichtigen Stoffe. Melantonin regle außerdem den Schlaf-Wach-Rhythmus. Ist der gestört, können depressive Stimmungen stärker werden.

„Die auffälligsten Indikatoren für eine sich anbahnende Depression sind Schlafstörungen, Morgenmüdigkeit, generelle Erschöpfung und eine Traurigkeit, die oft auch mit Leere beschrieben wird“, so Zumdick weiter. Die Alltagsbewältigung macht Schwierigkeiten, die Perspektiven fehlen. „Und in den Wintermonaten fragen sich viele Patienten auch noch: Was habe ich eigentlich alles nicht geschafft in diesem Jahr?“ Weihnachts- und Neujahrsstress kommen hinzu und die viel zu hoch gesteckten Ziele für das kommende Jahr.

Zumdick empfiehlt Menschen, die merken, dass sie in eine solche Mühle geraten, sich erstmal mit Freunden und Familie zu besprechen. „Wie werde ich wahrgenommen?“ kann ein wichtiger Indikator sein. „Wenn die depressive Stimmung Raum greift, ist es wichtig, das Soziale zu pflegen. Natürlich immer dosiert“, so Zumdick. Für durch Arbeit oder Familie Gestresste gilt: Unbedingt Pausen einbauen, Zwischenziele formulieren und, so Zumdicks Faustformel: „Sich auch mal schamlos selber loben.“ Psychologen geben Hilfestellungen, einiges lässt sich durch Umstellungen im täglichen Leben erreichen. „Auch wenn es Überwindung kostet und nicht von Anfang an Spaß macht.“ Grundsätzlich ist natürlich nicht jede trübe Stimmung gleich eine Depression. „Der entschei- dende Unterschied ist, dass die Leere und Ausweglosigkeit bei depressiven Menschen über Wochen anhält. “

Frauen werden übrigens häufiger von depressiven Stimmungen oder Depressionen erfasst als Männer. Sie lassen sich aber auch schneller auf Hilfe ein. Männer nehmen häufig erst Rat in Anspruch, wenn es schon handfeste körperliche Beschwerden gibt.

Info

Fliedner Klinik

Seit 2007 gibt es die Privatklinik am Martin-Luther-Platz 26. Sie betreut Patienten sowohl ambulant als auch in einer Tagesklinik. Zwei Ärzte, drei Psychologen, ein Kunst-, ein Musik- und ein Ergotherapeut sowie eine Krankenschwester kümmern sich um maximal 16 Patienten täglich. Neben Depressionen werden auch Burn-Out-Syndrom, Angstsymptome und Phobien behandelt. Infos unter Telefon 2002270 und www.fliednerklinikduesseldorf.de

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